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Drei Jungs nach dem Abitur. Drei Monate ans andere Ende der Welt. Ein guter Plan, normalerweise. Dass im Frühjahr 2020 alles anders ist, realisieren Paul, Fynn und Niels nur zögerlich. Ihr Strandurlaub verwandelt sich in einen Alptraum-Trip an dessen Ende die Quarantäne steht. Statt dem Wandern in wunderschönen Landschaften sitzen sie plötzlich ohne Perspektive im neuseeländischen Christchurch fest. Wo endet sie: diese 'Road to Lockdown'? Den Film gibt es auf Amazon Prime Video für 4,99 Euro (Leihen) und 9,99 Euro (Kaufen).

Queens Park, Millwall, Arsenal - Fußball-London in drei Tagen

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Tag 1 - 
Queens Park Rangers - FC Fulham 1:2

Ein Fensterplatz, neben wunderschönen Wolken. Dann noch ein wenig über der Themse kreisen. Der Kurztrip nach London beginnt vielversprechend. Im Sichtweite zum Gepäckband stehen mehrere Geldautomaten. Die U-Bahn in die Innenstadt ist - Dank freundlicher Helfer in gelben Uniformen - schnell gefunden. Zehn Pfund für den 90 Minuten Trip nach Stratford. Einmal umsteigen, dann laufe ich im typisch britischen Nieselregen dem Hotel entgegen. Erst einmal bin ich völlig durch.

Die 'Kollegen' - ein paar Fußballverrrückte aus D'dorf und Aachen - kommen noch. Einer steht beim Kanaltunnel in der Nähe von Calais im Zug-Stau. Es wird knapp werden für ihn bis zum Anpfiff um halb neun an der Loftus Road. Dem Stadion der 'Queens Park Rangers', einem Verein aus der zweiten englischen Liga. 

An der U-Bahn in der Nähe angekommen, heißt es zunächst einmal: 'wo ist hier das nächste Pub'?! In England in der Regel immer neben dem Stadion. Dort findet man auch immer einen kleinen Stand, wo man Sammler-Pins, Base-Caps oder Vereinsschals holen kann.  queens park stadion3Zunächst allerdings knurrt der Magen. Wie gut dass es außer einem 'Fish and Chips'-Laden hier auch einen Burger-Stand gibt. Die Auswahl fällt schwer. Die Entscheidung ist dann - definitiv - die Falsche. Fünf Pfund für einen trockenen braunen Lappen, den man auch mit reichlich Ketschup nur unter Qualen runterwürgen kann. Egal. der Hunger treibt es rein. 'Zum Glück' gibt es in der Kneipe nebenan gutes tschechisches (Budweiser)Bier vom Fass und jede Menge Groundhopper mit denen man auf Deutsch fachsimpeln kann. Denn dass fällt auf: wie viele Landsleute auch zu einem Fußballwochenende auf die Insel gekommen sind.
queens park pubDas Stadion selbst ist klein und voll. Gut, dass der 'Kollege' schon vor Wochen für sechs Leute Karten gebucht hat. Wir setzen nah am Spielfeldrand, inmitten des Mobs von Queens Park. In Wurfweite die Anhänger von Fulham. Ein richtiges Londoner Derby. Mit 'Wanker'-Gesten über 94 Minuten lang. Vor uns, hinter uns, rechts an der Seite. HERRLICH. 
queens park stadion1Was auffällt: im Stadion gibt es so gut keine Banner, kein Rauchtopf qualmt, kein bengalisches Feuer brennt. Die Ultras, mit ihrem nervenden Dauergesang - so wie man sie aus deutschen Bundesligastadien kennt - fehlen hier völlig. Auch hat hier kaum einer einen Vereinsschaal um, eine Supporterkappe auf den Kopf. Nur ich Depp habe mir eine gekauft. Für die zehn Euro sollte man lieber Bier trinken ... Das geht hier - trotz Derby - auch an den Ständen hinter der Tribüne. Wenn man es im Pausengewühl denn schafft, zum Verkäufer durchzukommen. Überall drängelt es, in diesem fünf Meter breiten Streifen zwischen Mauer und Wand. Eine Panik möchte ich hier lieber nicht erleben.

Das Spiel ist schnell erzählt. Schnöckelloser, direkter Fußball. Das typisch englische 'Kick and rush'. Ein Eigentor durch Queens Park, dann ein verschossener Elfmeter durch Fulham. Der um uns herum mit Häme bedacht, wie ein eigenes Tor gefeiert wird. Kurz darauf: das 0:2. Und Stille .... In der Nachspielzeit dann der Anschlußtreffer. Geht noch was?! Chance folgt auf Chance, keiner sitzt mehr. Am Ende hat es dann doch nicht mehr zu einem Unentschieden gereicht. 
queens park stadion4Egal, Hauptsache gekämpft. Minutenlang gibt es Beifall für die Mannschaft. Dann gehen alle ruhig nach Hause. Polizisten begleiten die Fans von Fulham, die man mitten durch die Anhänger der Gastmannschaft führt. In der U-Bahn-Station noch ein paar Gesänge - das wars. Innerlich die Vorfreude auf das nächste Spiel, am nächsten Tag. Dann gehts zu den 'gefürchteten' Hooligans von Millwall. 'Football-Factory' und 'Green Street Hooligans' gehören zu meinen Lieblingsfilmen ....

Tag 2
Millwall FC - FC Barnley 1:3
West Ham United - Swansea City 1:0

stratford hafen3Gut gestärkt - wie immer in London gibt es Morgens schlabbrige weiße Bohnen und gepapptes Rührei - laufe ich in Richtung U-Bahn Stradford. Kurz vorher ziehen einige Hammers-Fans an mir vorbei. Gut zu erkennen an ihren weinroten Trikots. Sie haben es nicht weit, denn das Londoner Olympiastadion - wo sie seit kurzer Zeit spielen - ist ja nur ein paar Hundert Meter von unserem Hotel entfernt. Eine bizarre Gegend. Ein seltsamer Misch zwischen 'Old England' und Moderne. Abgeranzte Mietskasernen, selten mehr zwei bis drei Stockwerke flach, liegen zwischen Wolkenkratzern der Moderne. Hier wird auch am Samstag gehämmert, gesägt, gebaut. Ein 'Glück', dass ich ein Zimmer zum Innenhof habe. Direkt über der Küche duftet es auch in der Nacht noch süßlich. Wahrscheinlich nach weißen Bohnen ....

Im Prinzip ist es nicht weit, bis zum Stadion nach Millwall. Drei verschiedene U-Bahnen, zweimal umsteigen. Dann zu Fuß an den Schienen entlang. Einfache Mietskasernen, links ein unendlich wirkender grauer Metallgitterzaun. Irgendwann kommt neben dem schmalen Asphaltweg mal ein Spielplatz. Auf ihm rennen zwei Kinder im Kreis. Unter ihnen knischen kleine Kieselsteine. Am Rande sitzt an Mädchen. Kippe im Mund, Hund an der Leine. Sie blickt teilnahmslos in Richtung Süden. Dort, wo ein Kraftwerk dampft. Irgendwo rattert ein Zug.
Millwall Weg zum StadionNach der dritten Eisenbahnbrücke, unter der es besonders stark nach Urin stinkt, steht es da: das Stadion des legendären Millwall FC. Ein blau-weißer Betonbau, das Ziel meiner Träume. Deshalb habe ich eine Einladung zur 'Premiere League' ins Londoner Olympiastadion ausgeschlagen. Dort wo heute zeitgleich West Ham gegen Swansea spielt, die 'Kollegen' Tickets haben. Dem Anpfiff entgegen sehnen.

Noch bleibt 90 Minuten Zeit. Trotzdem warten hier, vor 'The Den', schon paar Rentner vor den Stadiontoren. An den Kassenhäuschen hingegen steht kein Mensch. "I wanna have a seat around the old hooligans ....". Die Verkäuferin lacht. Und irgendwann halte ich dann auch meine Eintrittskarte in der Hand. 23 Pfund. Das geht doch. Endlich bin ich dort, wo meine Lieblingsfilme spielen.

millwall1

Gegenüber dem Fan-Shop gibt es Fish and Chips. Sieben Pfund, sehr lecker. Dann noch ein kleiner Verdauungsspaziergang zu den Pinständen in der Nähe. Ein 'Kollege' hat einen Wunsch. Es entwickelt sich ein munterer SMS-Verkehr:

millwall2Millwall:
Endlich Fish&ships
Super hier!
Welchen Pin?

West Ham:
Nur Millwall!

Millwall:
Is klar
Bin ja nich blöde

Millwall:
Aber welche?
Mit britischer Flagge?
Oder ohne?
Mit dem Löwen?
Mit Schriftzeichen?

West Ham:
Mit Loewe!

Millwall:
Mach ich!
Wird Teuer ;)

Vor dem Stadion dann noch ein Bier. Obwohl es ein durchaus brisantes Spiel ist, die Hools von Millwall diesen Ruf haben, wird unbeirrt Alkohol ausgeschenkt. Dann heisst es einen Platz suchen, bei dem man nicht nass wird. Denn überdacht ist hier längst nicht alles. Nummerierte Sitze gibt es nicht. Ich suche mir ein Plätzen mit Nachbarn, die gar finster blicken. Da könnte noch was gehen .... Zehn Minuten nach dem Anstoß werde ich auch schon gestört.

West Ham:
Wir sterben hier vor Langeweile!

Millwall:
Was ist denn los?
Stadionverbot?

West Ham:
Ein Match, bei dem die ersten schon gehen ….

Millwall:
Hier nicht!

west ham stadion1Millwall:
0:1

Millwall:
Elfmeter
Hier ist was los

West Ham:
Neid! Ich gaehne ….

Millwall:
Wieso?
1:1
Jaaaaaaaaa

Millwall:
Sitze goldrichtig

West Ham:
Fahren nach dem Spiel zur Liverpool Street

Schicke Info mit dem Pub

++++++++++++++++++++

Millwall:
1:2
Das geht hier ab
Schon eingeschlafen?

west ham stadion2West Ham:
Tttttzzz. Und gaehn

Millwall:
Chance auf Chance vor unserem Block

Millwall:
Mein Herz ;)

West Ham:
Hier agiert das Nichts

Millwall:
‚Premiere‘ League

Millwall:
Noch ein Elfer
Das alles für 23 Steine

Millwall:
1:3
Shit

Nach dem Spiel ist es still. Fast wie auf einer Beerdigung. Lautlos und eilig verlassen Hunderte Millwallfans das Stadion. Hier hat kaum noch einer Lust auf ein Bier. Nur ein paar Barnley-Fans stehen am Stadion. Und warten. Auf ihre Spieler, die frisch geduscht - und mit einem Lächeln im Gesicht - gerne Autogramme schreiben. Daneben stehen zwei Journalisten mit ihren Diktiergeräten. Vertraulich wirkt ihr unmerklicher Plausch mit zwei Barnley-Spielern. Die sich an ihren Rollkoffern festhalten.

Als ich eine Anhöhe erklimme, um noch ein letztes Stadionfoto zu machen, hallen Schreie aus dem Rund. Was ist das jetzt?! Auf dem Rasen - wo vor einer Stunde noch ein Zweitligamatch stattfand - hetzen Spieler in blauen Trainingsanzügen Bällen hinterher. Immer und immer wieder. Minutenlang. Irgendwann habe ich genug und gehe auf dem schmalen Asphaltweg am Metallgitterzaun in Richtung U-Bahn zurück. Millwall, es war es wert.


millwall3

Tag 3
Arsenal London - Brighton & Hove Albion 2:0

Den zweiten Tag in Folge weiße Bohnen und Rührei. Dann heißt es sputen, denn mein Erstes (und Letztes) Premiere League Spiel im Stadion startet bereits kurz nach Mittag. arsenal1Arsenal London, ein Name mit Weltruf. Gegen Brighton & Hove Albion, ein gerade aufgestiegener Club unweit der Küste. Das Spiel: restlos ausverkauft. Allerdings hat einer aus der Gruppe (über Kontakte) Dauerkarten besorgt. Von 'Edelfans', die für dieses Spiel kein Interesse haben. Für uns bedeutet dies: wir können die Top-Liga sehen - faktisch zum Nulltarif.
arsenal stadion2arsenal stadion1sold outVorher werden selbstverständlich noch ein paar Erinnerungsfotos gemacht, dann gehts in den Fanshop. Auch hier knipse ich seelenruhig mit meinem Handy weiter. "No Fotos!" Plötzlich habe ich den Sicherheitsdienst an der Hacke. Schnell verzeihe ich mich. Habe eh alles 'im Kasten', was ich brauche.arsenal2Um die Mittagszeit sehen wir schließlich ein kurzweiliges, engagiert geführtes Spiel dass Arsenal mit 2:0 gewinnt. In Sichtweite die Trainerlegende Arsene Wenger, der zur zweiten Halbzeit den Weltklassestürmer (und Landsmann) Oliver Giroud einwechselt, den deutschen Verteidiger Per Mertesacker aber draußen lässt.
arsenal3Nach dem Spiel wollen wir in ein Pub in der Nähe. Werden aber zunächst nicht reingelassen, da uns die Türsteher für Fans der Auswärtsmannschaft halten. Mein schlechtes Englisch beseitigt ihre Befürchtungen. Anschließend gibt es Burger mit Pommes, andere essen 'Fish und Ships'. Nebenbei läuft - selbstverständlich - ein Premiere-League-Spiel.
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Tag 4

Weiße Bohnen mit Rührei. Zum Dritten Mal. Was sonst?! Dann geht es erneut zum Stadion des Millwall FC. In alle Ruhe ein paar Souveniers holen. Kaffee-Pott, Schal, ein gelb-blau-weißes Baumwolltrikot. Nebenbei wird auf einer Anhöhe am Stadion noch ein Interview geführt, werden ein paar Schnittbilder gemacht. Bin ja nicht nur 'zum Spaß' hier. Sondern, um für meinen Dokumentarfilm zu drehen. Anschließend zu Fuß, Bus und U-Bahn in die Nähe der St. Pauls Cathedral, zu einem Denkmal in Erinnerung der 'Firefighters' aus dem II. Weltkrieg. Hier haben sich unlängst Tausende Hooligans, Lads und andere Supporter (aus zum Teil verfeindeten Fanszenen) getroffen, um gegen die - aus ihrer Sicht - zunehmende Islamisierung zu protestieren.

Noch einen Spaziergang über eine der schönen Brücken über die Themse, ein Sandwich in einem Kaffee - dann zurück zum Hotel. Sachen holen, hetzen zur U-Bahn. Wieder andertalb Stunden in einem vollen Zug. Egal, will ja schließlich den Flieger zurück bekommen. Auf der Fahrt erinnere ich einen, dass er gerade sein Handy verloren hat. Ungläubiges Staunen zunächst, dann sichtbare Freude. Immerhin habe ich heute hier noch einen glücklich gemacht.

Montag Abend. Ein intensiver 4-Tages-Trip geht zu Ende. Ein Fußball-Ausflug, der sich wirklich gelohnt hat.
london strasse1
london strasse3london strasse4
Fotos: Fred Kowasch und . All Rights reserved

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